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Barbara Buttinger-Förster

In eigener Form von den Dingen der Seele reden (Kandinsky)

Text: aus dem Katalogvorwort von Hubert Gaisbauer
gebürtig aus Hagenberg im Mühlkreis, langjähriger Verantwortlicher für Religion und Gesellschaft im ORF/Ö1, lebt als Kulturpublizist bei Krems, N.Ö.

Viele Bilder von Barbara Buttinger-Förster befremden auf den ersten Blick. Mit archaischer Wucht stehen sie dem Betrachter (ja, ihm!) entgegen.
Tod und Leben, Tag und Nacht. Mütterlicher Schoß. Vulva, l’ Origine du Monde. Wundmale. Dunkle nährende Mütter, blutend im Schoß.
DannMasken, Magier, schemenhafte Figuren, oft mit erhobenen Armen und gespreizten Händen. Winken sie? Rufen sie um Hilfe? Warnen sie?
Ein Kindchenschema und ein Kopffüßler aus dem Licht, der ins Dunkle starrt.
Dann Paare: Schattenmann und Leuchtfrau, Herzensgebete, zärtlich, nächtlich.
Dann die Frau und das Tier. Unschuldig und verwandt. Lang vor dem Sündenfall - oder schon nach der Erlösung?
Der Betrachter (ja, er!) braucht Zeit, gewinnt zusehends Vertrauen, die Verstörung beginnt sich zu wandeln. Was zurückzustoßen schien, wird anziehend. Denn ihrerseits  verlassen die Bilder behutsam die Sprachlosigkeit. Damit verlässt den Betrachter die Angst, etwas „nicht zu verstehen“. Oder falsch.Er wird Freund mit den Bildern, man begrüßt einander am Morgen. Sprich mit uns, sagen sie, wir hören dir zu. Du kannst gar nichts Falsches denken und sagen. Wir kennen dich ja und auch du kennst uns schon lange, erinnere dich!

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Üblicherweise (oder übler-weise) versucht man beim Sprechen oder Schreiben über Bilder eine Zuordnung vorzunehmen, die Herkunft zu bestimmen,  Gattung und Kategorie. Es wird als seriöse Zugangsweise angesehen. Barbara Buttinger-Försters Bilder sträuben sich - zu Recht - fürs Erste dagegen, lassen aber Assoziationen zu: zu den  „Brücke“-Expressionisten, zu Nolde, Alechinsky, ja auch zu Basquiat und Dubuffet. Der Begriff Art Brut (die „unverbildete“ Kunst) stellt sich ein, wird aber, weil häufig als ungenauer Gattungsbegriff für Außenseiterkunst verwendet, vorläufig einmal zu meiden sein. Barbara Buttinger-Försters Bilder sind zwar gewiss spontan und eruptiv, aber nicht nur, sie befinden  sich absolut auf der Höhe kontemporärer Malerei (wenn das eine Legitimation sein soll). Zudem ist es ja das Vorrecht jedes Künstlers, jeder Künstlerin, „die Dinge so zu formulieren, als würden die Vorläufer nicht existieren, auch wenn ich weiß, dass tausend Vorläufer gegen mich sind“ (Jean Dubuffet).

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Barbara Buttinger-Försters Bilder erzählen keine Geschichten, sondern sprechen von Zuständen. Sie sind Schau und Spiegel. Sie verzichten auf jede Räumlichkeit. Alles ist Vordergrund, nichts vordergründig; nichts ist räumlich, aber der Raum ist  Alles. Uterus. Fruchtwasser. Licht gedämpft. Höhle. Rot ist die Farbe, die man oft zu sehen meint, öfter, als das Rot wirklich da ist. 
Das Herz-Rot, das Blut-Rot. Das Lebens-Rot. Vitalismus: regellos. Rohe, ungeschliffene Sakramentalität, herbe Innerlichkeit statt jener sanft-surrealen Esoterik, die zu oft weibliche Spiritualität vortäuscht.

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Barbara Buttinger-Försters Malerei ist nicht an Bildwirkung orientiert und will  - fürs Erste - auch nichts be-wirken. Was (vielleicht erst nach-) wirkt, ist jene innere Notwendigkeit, schonungslos gegen sich selber, schonungslos auch dem Betrachter, der Betrachterin gegenüber. Es  befremdet solange, bis es erkannt wird als Erinnerung des Vorbewussten an das, was „durch alle Menschen“ und „alle Zeiten“ geht. Wahre Kunst ist und bleibt kollektive Erinnerung an alles, was war und an alles, was sein wird. Zieht ihre Fäden aus der Textur der gesamten Menschheitsgeschichte. Sie ist die zeitlose „Pathosformel“ (Aby Warburg) für Schmerz, Tod und Gebet, für Liebe, Opfer und Tanz. Von der  prähistorischen Höhlenmalerei über die Orantenstellungen in den frühchristlichen Katakomben bis zu den gespenstisch schwarzen Selbstporträts des Jean-Michel Basquiat.  Sie ist Ahnung vom erschreckenden und anziehenden Numinosen, von allem, was ängstigt, aber auch von allem, was hoffen läßt. Das ist die  Zumutung der wahren Kunst.
Mag sein, dass einer vor wahrer Kunst steht und sagt: Das kann ich auch! Stellt er sich auf die Probe, muss er erkennen, wie himmelweit er den Anspruch  verfehlt. Kunst bedarf einer Reise nach Innen, wie sie Kandinsky, Dubuffet und viele andere Künstler als Voraussetzung fordern. Ein zuvor zugrunde  gehen, denn nur dann wissenwir von Grund auf  und sind unverloren (Ingeborg Bachmann).
Der Maler, Philosoph und Dichter Jean-Michel Atlan (1913 – 1960), ein wichtiger Anreger der Moderne in den vierziger und fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts in Hinblick auf die Kunst der Naturvölker, bekannte in einem Gespräch kurz vor seinem Tod: „Ich habe das Malen nicht von den Museen gelernt, sondern von den Schamanen.“

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